3. Leerstandskonferenz
Neue Perspektiven auf Architekturen des Scheiterns17.-18. Oktober 2013 | Fresach/Kärnten
Architekturen des Scheiterns
Neue Perspektiven auf Architekturen des Scheiterns
Leerstand ist häufig Ausdruck des Scheiterns gebauter Projekte. Das Misslingen der geplanten Nutzung, die mangelnde Anpassungsfähigkeit der Bauten oder auch unerwartete Konflikte im Entstehungsprozess mani- festieren sich im Leerstand.
Hinter „Architekturen des Scheiterns“ verbergen sich mitunter aber auch imposante, besonders ambitionierte, tragisch-komische und absurde Gebäude oder Orte mit besonderen Eigenschaften: das Unvollendete, das Ungenutzte, das niemals seiner ursprünglichen Bestimmung diente. Oder: die neue Ruine, das Scheidungshaus, das Spekulationsobjekt, das im Planungsprozess völlig Umgeworfene und Umgeplante, das plötzlich neuen Rahmenbedingungen Unterworfene, das Verhinderte …
Das Scheitern mancher Projekte bleibt ohne Auflösung. Andere wiederum wachsen über den Umweg eines ersten Scheiterns über sich hinaus oder finden eine neue Bestimmung. Möglichkeiten des Scheiterns in Architek- tur, Städtebau und Raumplanung gibt es viele. Ziel der Konferenz war aber nicht in erster Linie, das Scheitern einzelner Bauten oder Pla- nungen aufzudecken, sondern vielmehr die Sachzwänge, die oft schwie- rigen Herstellungsbedingungen von Architektur aber auch die Absurdität und Widersprüchlichkeit der Planung an sich zu beleuchten.
Programm
Letzter Programmpunkt vor dem Abendessen am ersten Tag ist die Eröffnung des Projekts „Moderne Ruinen“ im Schwarzen Würfel. Als Vorprogramm ist die Ausstellung „Moderne Ruinen, eine Topografie der Bereicherung“ (Julia Schulz-Dornburg) von 5. bis 15. Oktober im Architektur Haus Kärnten in Klagenfurt zu sehen.
Abschluss der Veranstaltung ist eine Exkursion in den ehemaligen Bergbauort Hüttenberg mit einer Führung durch das nach Plänen von Günther Domenig gestaltete und seit Jahren leerstehende Areal der Landesausstellung 1995.
Donnerstag, 17. Oktober 2013
11:30 Empfang
optional: Führung durch das evangelische Kulturzentrum Fresach
13:00
Eröffnung
Gaby Schaunig – Landeshauptmann-Stellvertreterin
Manfred Sauer – Superintendent der Diözese Kärnten/Osttirol
Peter Nageler – nonconform architektur vor ort
13:30-15:30
Fokus I: Theorien des Scheiterns
Einstieg in die Thematik
Judith Leitner – nonconform architektur vor ort
Spekulationen über die nie geschriebene Theorie des Planversagens
Alfons Dworsky – em. Vorstand des Instituts für regionale Architektur u. Siedlungsplanung Leibniz-Universität Hannover
Die Unausweichlichkeit des Scheiterns in der Architektur
Erich Raith – Professor am Fachbereich Städtebau an der TU Wien
15:30
Kaffeepause
Projektion „Moderne Ruinen“ im Schwarzen Würfel
16:30 – 18:30
Fokus II: Scheitern konkret
Makelhaft – Das Verschwinden des Makels als sympathisch-verbindliche Eigenschaft der Architektur
Roland Winkler – Winkler & Ruck Architekten
!Hochwasser! – Architektur wider das Scheitern
Karl Langer – Architekt
Gestern Bauwut, heute Event-Fieber, und was kommt morgen?
Über das Gelingen und Scheitern städtebaulicher Großprojekte in Österreich
Wojciech Czaja – Architekturjournalist
Von der Unmöglichkeit ArchitektIn zu sein
Lydia Mittermayr – Architektin und Autorin
18:30
Vorstellung des Workshopprogramms
19:30
Abendessen mit regionalen Scheiterhaufenvariationen im Gasthaus zum Wirt
Abendspecial:
Versuch über die große Leere – Egyd Gstättner besucht sein Stadion
Egyd Gstättner – Schriftsteller
Moderation: Roland Gruber – nonconform architektur vor ort
Freitag, 18. Oktober 2013
09:00
Film: UNFINISHED ITALY (ITA 2010, R: Benoit Felici)
10:00 – 11:30
Workshopprogramm in Diskussionsgruppen
I Das Scheitern der Planungsinstrumente im Umgang mit Leerstand und Schrumpfung
Peter Fercher – Koordination der Bereiche Raumordnung sowie Orts- und Regionalentwicklung Land Kärnten,
Sabine Rosenauer – Architektin in Bad Bleiberg und
Markus Jamritsch – Diplomand über Leerstand in Kleinstädten am Beispiel der Stadt Hermagor
II Gestern Bauwut, heute Event-Fieber, und was kommt morgen?
Wojciech Czaja – Architekturjournalist
III Woran können Partizipationsprozesse scheitern?
Roland Gruber und Peter Nageler – nonconform architektur vor ort – im Dialog mit weiteren Akteuren von Bürgerbeteiligungsprozessen
IV !Hochwasser! – Architektur wider das Scheitern
Karl Langer – Architekt
12:00
Mittagessen mit Präsentation der Diskussionsergebnisse
im Gasthaus zum Wirt
13:30
Abfahrt Exkursion
14:30
Besuch Stadion Klagenfurt
15:30
Was wurde aus Hüttenberg? Die schwierige Nachnutzung von Landesausstellungsarealen
Mario Waste – Kulturabteilung des Landes Kärnten
17:00
Rückfahrt nach Fresach bzw. Ausstiegsmöglichkeiten an den nächsten Bahnhöfen (Treibach-Althofen, Klagenfurt)
18:30
Ende der Veranstaltung
Änderungen vorbehalten
Exkursion
Seit der Einstellung des Bergbaubetriebs 1978 ist die etwa 1.500 Einwohner zählende Gemeinde Hüttenberg im Bezirk St. Veit von wirtschaftlichem Niedergang und Abwanderung geprägt.
1995 fand in Hüttenberg die Kärntner Landesausstellung „Grubenhunt und Ofensau“ statt, die 160.000 Besucherinnen und Besucher anlockte. Der mutige aber sensible Umbau durch Günther Domenig der brachliegenden Ruine wurde in der Architekturpresse gefeiert und schien auch ein Impuls für die Region zu sein. In den Jahren nach der Landesausstellung wurde das neugestaltete Areal noch regelmäßig für Veranstaltungen genutzt, es gelang aber nicht, eine langfristige Nachnutzung zu etablieren und mittlerweile steht der imposante Bau seit mehreren Jahren leer.
Ausstellung
Zwischen 2010 und 2012 hat sie zahlreiche Tourismusressorts und Ferienhaussiedlungen in Spanien dokumentiert, die seit Mitte der 1990er Jahre gebaut, selten fertiggestellt und nie bezogen wurden.
Die aus Fotos, Satellitenbildern, Plänen und Videos bestehende Ausstellung wurde im Rahmen der „ORF – Langen Nacht der Museen“ am 5. Oktober im Architektur Haus Kärnten in Anwesenheit der Künstlerin eröffnet.
Während der Leerstandskonferenz 2013 wurde im Schwarzen Würfel auf dem Museumsgelände Fresach ein Auschnitt des Projekts „Moderne Ruinen, eine Topografie der Bereicherung“ als digitale Projektion gezeigt.
Die Ausstellung „Moderne Ruinen, eine Topografie der Bereicherung“ ist das Ergebnis einer kontinuierlichen Untersuchung, die 2010 mit den ersten Recherchen über die Freizeitwelten, Geisterstädte und Landschaften der Bereicherung ihren Anfang nahm. Im Zentrum der Arbeit steht die fotografische Bestandsaufnahme von aufgegebenen Spekulationsbauten in Spanien. Gezeigt werden Landschaften mit unvollendeten, im Stich gelassenen Baukomplexen. Diese massive Errichtung von Freizeitenklaven, Tourismus- und Wohnkomplexen aller Art hat nicht nur ausgedehnte Regionen an der Küste verändert, sondern ist bis in die Binnenprovinzen des Landes vorgedrungen. Der vorzeitige, durch das Platzen der Immobilienblase ausgelöste Niedergang und Verfall dieser Ansiedlungen erzeugt Bilder von bedrohlicher Schönheit in denen das Missverhältnis zwischen der Kurzatmigkeit des Spekulationsprojektes und der Dauerhaftigkeit seiner Folgen ins Auge fällt.
Die Spekulation auf unendlichen Gewinn trieb während des Immobilienbooms die Begierde auf ungeahnte Höhen. Dieser Höhenflug endete dann allerdings in vollkommenen Abgehobenheit, nicht nur vom eigenen Territorium, dem Land und den Gebräuchen, sondern auch von der Kritikfähigkeit und der Vernunft. Die – wenn auch grotesken – Ergebnisse dieser verrückten Jahre beeindrucken und faszinieren durch ihre ruchlose Entschiedenheit, es handelt sich hier um Denkmäler von hohem symbolischen Wert. Eloquent und sichtbar symbolisieren sie das komplexe Netzwerk sozialer, wirtschaftlicher und politischer Kräfte, die ohne Ermüdungserscheinungen das Wachstum als einzige Grundlage für das Erhalten unseres Wohlstandes predigen. Zu welchem Preis?
Die Ausstellung ist weder eine Bestandsaufnahme gescheiterter Bauvorhaben, noch ist diese Sammlung der Ruinen repräsentativ, es handelt sich vielmehr um eine persönlichen Auswahl der sechzig Orte, die auf der zweijährigen, 10.000 Kilometer langen Erkundungsreise besichtigt und aufgenommen wurden. Die technischen Informationen zu der fotografischen Bestandsaufnahme stammen ausschließlich von den Bauträgern, aus den Gemeindearchiven und den Amtsblättern.
Ort
Die heute etwa 1.200 Einwohner zählende Gemeinde ist einer von dreizehn Orten in Kärnten, in denen sich nach dem Toleranzpatent von 1781 eine evangelische Gemeinde konstituierte. Das Bethaus aus den 1780er Jahren ist fast unverändert erhalten geblieben, das Pastorenhaus aus derselben Zeit wurde behutsam renoviert und dient heute u.a. als Kleinwohnung, Büro und Jugendraum.
2011 wurde für die Landesausstellung zum Thema „glaubwürdig bleiben – evangelisches Leben in Kärnten“ ein neues Museum und Kulturzentrum errichtet. Der monolithische Betonbau des Vorarlberger Büros marte.marte architekten wurde mit dem Kärntner Landesbaupreis, dem Österreichischen Museumspreis und dem International Architecture Award 2012 des Chicago Athenaeum – Museum of Architecture and Design ausgezeichnet.
Bis 31. Oktober 2013 ist die Sonderausstellung „Protestantismus und Nationalsozialismus in Kärnten“ zu sehen.
Während der Leerstandskonferenz 2013 wird im Schwarzen Würfel auf dem Museumsgelände das Projekt „Moderne Ruinen, eine Topografie der Bereicherung“ als digitale Projektion gezeigt.
Organisation
Die Kuratoren der Leerstandskonferenz sind Judith Leitner und Roland Gruber.